Das Deutschlektorat
beim DDR-Kulturzentrum Helsinki
Zeitraum des Bestehens
Das Deutschlektorat Helsinki nahm Anfang der 60er Jahre seine Arbeit
auf. Begründer und erster Cheflektor war Dr. Kurt Schmidt, später
Fennistik-Professor an der Universität Greifswald.
Als hauptsächlich vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD)
finanzierte Sonderabteilung des Goethe-Instituts Helsinki überlebte
das Deutschlektorat das Kulturzentrum, welches am 2. Oktober 1990 schließen
musste, um rund neun Monate. Letzter Cheflektor war Dr. Armin Krause (Universität
Leipzig).
Institutioneller Träger
Nach außen hin wirkte das Deutschlektorat als Teil des Kulturzentrums
(KuZ). Es gab zwischen den beiden Institutionen eine enge Zusammenarbeit,
doch handelte es sich um zwei selbstständige Einrichtungen, die verschiedene
Träger hatten: Das Kulturzentrum war eine Einrichtung der "Liga für
Völkerfreundschaft", einer nichtstaatlichen Organisation, die von
ihrem Status her am ehesten mit einem heutigen eingetragenen Verein verglichen
werden kann, dessen größtes Vereinsmitglied und Hauptgeldgeber
der Staat ist (wie beim Goethe-Institut oder DAAD). Das Deutschlektorat
dagegen unterstand dem Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen der
DDR (MHF) und war also eine direkt staatliche Institution. Unmittelbar
angeleitet wurde es von der Arbeitsgruppe Deutsch als Fremdsprache des
MHF in Berlin.
Im Vergleich zum Kulturzentrum gab es für das Deutschlektorat neben
gemeinsamen Zielen ein spezielleres Aufgabenfeld mit z. T. andersartigen
Schwerpunkten. Auch die Ausstattung mit Technik, Finanzen und Personal
erfolgte jeweils separat und teilweise unterschiedlich. Beide Einrichtungen
waren in getrennten Räumlichkeiten untergebracht (das Deutschlektorat
von 1988 bis zur Auflösung im Juni 1991 in der Hämeentie
8 A). Der Leiter des Deutschlektorats war kraft seines Amtes zugleich einer
der beiden stellvertretenden KuZ-Direktoren, doch war der KuZ-Direktor
gegenüber den MitarbeiterInnen des Deutschlektorats nicht unmittelbar
weisungsberechtigt.
MitarbeiterInnen
Die vom MHF an das Deutschlektorat Helsinki entsandten meist vier bis
fünf MitarbeiterInnen waren durchweg gut qualifizierte HochschullehrerInnen
mit mehrjähriger Berufspraxis und Festanstellung an einer DDR-Hochschule:
überwiegend promovierte (i. d. R. germanistische) Literatur- oder
SprachwissenschaftlerInnen sowie erfahrene Deutsch-als-Fremdsprache-LehrerInnen
bzw. Landeskundedozenten. Eine zwei- bis dreimalige, jeweils drei bis fünf
Jahre währende Tätigkeit im Ausland gehörte in der DDR zum
normalen beruflichen Werdegang der meisten GermanistInnen. Die Bereitschaft
dazu wurde bei einer unbefristeten Einstellung an DDR-Hochschulen vorausgesetzt.
Aufgaben
Die vordringlichen Aufgaben des Deutschlektorats lagen vor allem in
der Förderung der deutschen Sprache und Literatur in Finnland.
Dies wurde in verschiedenen Schwerpunkttätigkeiten realisiert:
-
Zusammenarbeit mit der finnischen Germanistik durch
-
die Tätigkeit von DeutschlektorInnen an verschiedenen finnischen
Universitäten (zuletzt in Helsinki, Joensuu, Tampere und Turku,
bis Anfang der 70er Jahre gab es DDR-Lektoren auch in Jyväskylä
sowie Anfang der 80er Jahre an der Universität Oulu zweitweilig einen
Germanistikprofessor aus der DDR);
-
regelmäßige bilaterale Fachkonferenzen auf dem Gebiet
der germanistischen Linguistik und des Deutschen als Fremdsprache (einschließlich
DDR-Landeskunde);
-
regelmäßige Vorträge von MitarbeiterInnen des Deutschlektorats
an den germanistischen Instituten und Sprachenzentren der finnischen Universitäten;
-
Hilfe bei der Beschaffung von Forschungsliteratur aus der DDR - das Deutschlektorat
hatte eine eigene germanistische Fachbibliothek;
-
regelmäßige Kontakte zu den ProfessorInnen an den germanistischen
und übersetzungswissenschaftlichen Instituten sowie den DirektorInnen
der Sprachenzentren der Hochschulen;
die Herausgabe des Germanistischen Jahrbuchs für Nordeuropa
DER GINKGO-BAUM (seit 1982)
gemeinsam mit dem Deutschlektorat beim DDR-Kulturzentrum Stockholm sowie
der Beigabe
DAS GINKGO-BLATT (Nr.
1 erschien ebenfalls 1982, die - letzte - Nr. 11 im September 1990).
-
Deutschlehrerweiterbildung
-
Das Deutschlektorat organisierte selbst oder beteiligte sich an Weiterbildungsveranstaltungen
für finnische DeutschlehrerInnen.
Dazu gehörte auch eine möglichst enge Zusammenarbeit mit
dem Finnischen Deutschlehrerverband. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit wurde
1988 auch die Zeitschrift DIE GINKGO-WURZEL.
Arbeitshefte für den Deutschunterricht in Finnland begründet,
die drei Nummern erlebte.
-
Sprachunterricht
-
Für Deutsch Lernende in Finnland fanden in den Räumlichkeiten
des Deutschlektorats regelmäßig öffentliche Sprachkurse
zu vergleichsweise günstigen Entgelten statt.
Darüber hinaus wurden auch spezielle Sprachkurse für Firmen
und Einzelpersonen durchgeführt.
-
Gästebetreuung
Betreuung von WissenschaftlerInnen, HochschulpolitikerInnen und SchriftstellerInnen
aus der DDR, die in Finnland Gast von Verlagen, Universitäten, dem
Kulturzentrum, dem Schriftstellerverband oder anderen Organisationen und
Institutionen waren und z. B. an den Schriftstellertreffen in Mukkula/Lahti
bzw. anderen Konferenzen und Veranstaltungen teilnahmen.
Darüber hinaus gehörte auch die allgemeine auslandskulturelle
und -informatorische Arbeit zu den Aufgaben des Deutschlektorats.
MitarbeiterInnen des Deutschlektorats organisierten regelmäßig
Veranstaltungen im Kulturzentrum, so z.B. die Reihe "Unter der Leselampe"
oder "Rockmusik aus der DDR".
Die MitarbeiterInnen des Deutschlektorats beteiligten sich auch an
Veranstaltungen der Freundschaftsorganisation Finnland-DDR in verschiedenen
Orten des Landes.
Vor allem dem Cheflektor oblag darüber hinaus die Pflege von Kontakten
zu Institutionen und Einzelpersönlichkeiten des finnischen Kulturlebens,
darunter zu Verlagen, Medien, SchriftstellerInnen und ÜbersetzerInnen.